xmlns:o="urn:schemas-microsoft-com:office:office"xmlns:w="urn:schemas-microsoft-com:office:word"xmlns="http://www.w3.org/TR/REC-html40">Trauma

 

MeinerOma Tagebuch und ich mitten im BdV

 

Trauma.

Meine Oma  1945. Sieverliert ihren Mann, ihre Mutter und ihren Schwager gewaltsam. Sie verliertihren gesamten Besitz, Haus und Hof, ihr gesamtes soziales Umfeld, alle Dorfnachbarn.Ihr soziales Umfeld erstreckte sich über ganz Westpreußen. Sie verlor ihresoziale Stellung als wohlhabende Ehefrau und Mutter, Landwirtsfrau mitzahlreichem Gesinde. Sie war 44 Jahre alt und seit über 20 Jahren wohnte sie in engem Bezug auch zur großen Familieihres Mannes, sie selber kam aus der Familie Kopper, einer Mennonitenfamilieaus dem Kulmer Land.

 Auf der Flucht erlebtsie Mord und Totschlag, Krankheit und Verzweiflung und Todesangst, Hoffnung aufRückkehr und den Schock bzw. die Ahnung des unwiderruflichen Abschieds von derDanziger Region. Abschied für immer nimmt sie von zahlreichen Verwandten undFreunden. Nie verliert sie selbst dabei den Lebensmut..Und den Willen, Rechenschaft abzulegen vor sich selbst. In ihrem Tagebuch.

 

In Kreisen der organisierten Vertriebenewird dieses Fluchttagebuch immer noch nicht in seinem Wert erkannt  Es sei nicht besonders ergiebig. Es sei zuwenig aussagekräftig. Tatsächlich sind andere Texte: Erlebnisberichte, Treckberichteauf Grundlage von Trecktagebüchern, die zumeist die Gutsekretärinnen verfassenmussten,  im Zusammenhang der Vertriebenenpolitikder späteren Jahre entstanden Und wurden rein ausschließlich aus politischenGründen publiziert.. An privatem, individuellem  Leid waren auch die mittleren Funktionsträgerder Flüchtlingsgruppen nie interessiert. Das Leid wurde ausschließlich aufseine Verwertbarkeit für politische Zweck geprüft;  als relevant oder für irrelevant befunden .Das geht soweit, dass Erika Steinbach sichnicht entblödet , eine Vergewaltigungsszene plastischin ihrer Festrede zum Tag der Heimat 2003 zu schildern.

Ich ende mich gegen diese erneute Stigmatisierung der Opferals Opfer.

 Denn mir sindFamilienberichte bekannt, die von damals erwachsenen Müttern für ihre Kindergeschrieben wurden, in ungeschminkter Wahrheit der Vorgeschichte(Vertreibungder Juden aus Gollub)

Leider findet die Hollywoodisierung derVertreibungsereignisse bereits statt. Der Nervenkitzel des Grauens muß 60 Jahrenach den Geschehnissen mit den Horrorfilmen aus Los Angeles mithalten können.

Dabei gibt es vorbildliche reife individuelle Entscheidungenvon Vertriebenen die sich z.B.  imerfolgreichen Bemühungen zeigen . das Verhältnis zuden heutigen Bewohnern des Heimatdorfes so zu gestalten, dass eine Grabstelleauf dem Friedhof des Dorfes gekauft werden kann  - voller Vertrauen. Dazu braucht es keineVerständigung, sondern Versöhnung.

 

Die Vertreibung des westpreußischen Teils meiner Familie wardie bestimmende Tragödie dieser etwa 100 köpfigen Menschengruppe Für diese bietetdas Tagebuch eine Fülle von Anregungen für die Auseinandersetzung mit den eigenenGroßeltern und Eltern  Das betrifft vielePassagen des von meiner Großmutter lebendig Festgehaltenen, welche den Abschiedbeschreiben. Das Abschiednehmen:  - -unwiderruflich missglückt ( der Abschied von ihrereigenen Mutter, Oma Kopper) oder tief empfunden ,  ist etwas, welches sich politisch nichtverwerten lässt und dessen Schilderung nicht opportun erscheint für dieRückkehr-Politik der Nachkriegszeit, die in Rückkehrgedanken sich erging. Auchwenn es denn eine Rückkehr nach 5 , 10 oder 20 Jahrengegeben hätte, hier komme ich Deutschen Jugend des Ostens, derJugendorganisation innerhalb des BdV. Gerade von Menschen welchen der Abschiednicht glückte, die alte Rechnungen begleichen wollten,  von denen wurde dann Jugendpolitik gemacht.Führer –STRUKTUR, Fahnenapell, Lagerfeuer, Singen deutschen Lieder, das ganzeProgramm welches jetzt von der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen wiederpraktiziert wird. Die Jungen wurden in dem Sinne geschult, dass sie ebenso sehr„rückkehrwillig“ wie auch „ rückkehrfähig“ sich entwickeln sollten. DieseRückkehr wäre ausschließlich unter dem Siedlungsgedanken möglich gewesen („Jetztgibt es doch nur einen Beruf und das ist die Landwirtschaft, denn es gibt imOsten viel zu besiedeln. Wie glücklich für Sie, liebe Frau Stolz, solcheJungens zu haben, die einmal ordentlich für Sie schaffen werden und alles daswieder erwerben, was sie verloren haben.“<endelied.html</A> Familienbandespielten gar keine Rolle mehr. Familienclans, wie sie meine Familie kannte,individuell bestimmt und  vonprotestantischem Geist erfüllt, war nicht im Sinne der Diktatur der Machthaber.Individuelle Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens waren nichterwünscht. („Er sei Eigentümer eines Besitzes mit 760 Morgen. Wenn er heute vordie Frage gestellt würde, diesen Besitz zu übernehmen, so würde er dankendablehnen; in den 1 ½ Jahrzehnten sei er finanziell nicht weitergekommen. Erhabe zwar – das sei zugegeben – gut gelebt, stehe aber heute vermögensmäßigsoweit wie am Anfang. Das sei doch kein Leben.“(aus: dellianreise.html Dellians Reise) Mein Großvater sprichtvor der Kommission sehr selbstbewusst im Jahre 1940.Will sagen: Er hatte seineeigenen Vorstellungen vom wohlhabenden Leben wie es seiner  Klasse zuzukommen hatte) Ebenso wenig genehmwaren noch nach dem Krieg  individuelleprivate religiöse Problemlösungen besonders nicht den Konzeptionalisten derLandsmannschaften. Insofern könnte man auch die individuelleprivate Klageaktivitäten der preußischen Treuhand  simpel akzeptieren, sofern sie dennIndividualität repräsentierten. Was ich aber nicht glaube.

Selbstbestimmt bearbeitetes Leid blieb suspekt.  Ungern sah man seine Nachkommenschaftunbeschwert fröhlich sein in der neuen Heimat. Elternschaft wurde vonVertriebenenvereinigungen gern theoretisiert Das Problem der Mischehe z.B. es gabUmfragen über die Rückkehrwilligkeit der heimatvertriebenen Familien mit (..Zitat Unser Danzig) Die Unterordnung der Kinder unter eineHeimatbesessenheit der Eltern konnte zu bei diesen zu schizoiden Selbstbildern führen mitGeburtsorten, die nicht von dieser Welt sind. „Ich bin geboren in Braunschweigin Schlesien“  Und noch ein weiteresBeispiel: Der Vater spricht Anfang der 50er Jahre zur Familie über die Rückkehrnach Schlesien, die sich alle wünschen und erwarten. Aber der im Westengeborenen kleinen Schwester wird halb im Scherz in Aussicht gestellt, dass sieja nicht mitkönne in die Heimat, weil sie nicht von dort komme. Die „kleineSchwester“ fährt später mit Absicht in die Heimat, um ihre Verletztheit zubesänftigen. Manchen Vertriebenfunktionären werden ihre Kinder in guterNazitradition gleichgültig. Entweder sie tun mit und parieren oder es erfolgtAusstoß  Führer und Gefolgschaft werdengebraucht und produziert  Etwas anderesist nicht vorgesehen. Man misstraut den eigenen Kindern schon vor deren Geburtin den 50/60/70 Jahren - ob man auch Kommunist geworden war -in einer Intensität,die diese Kinder gar nicht erst ins Leben kommen lässt Auch im übertragenenSinn.( Sophie Dannenberg 2004/5 weist darauf hin )

 Dieses sind gewagteHypothesen, die  von den Betroffenen zuhinterfragen wären.

Und es scheinen mir Fragen zu sein, die  bei der Aufarbeitung der Geschichtedes Bundes der Vertriebenen gewinnbringend und fruchtbar  sein können.