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Zwei Engel und Maschinenkunst

Die semantische Bedeutung der verdeckten Engel bleibt gleichfalls erhalten, weil das Bildmotiv so zwingend bekannt ist, daß die Vorstellungskraft des Betrachters sie trotzdem sieht. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit , schon begriffen und benutzt, aber in einem anderen Sinne, denn - heute machte man das mit Photoshop - und das Rezept ist einfach. Ein kurzer Blick genügt und die Aura des Bildes, die ja in der s/w. Reproduktion eh schon nicht mehr da sein dürfte ist für einen Augenblick erinnert und in das visualisierte Assoziationsgefüge der Schwitterschen Vorstellungkraft miteinbezogen. An dieser Stelle des Bildes changiert folglich die Deutung zwischen als Ausdruck himmlischer Liebe und Natur (den Engeln) und den "Seelenautomobilen" der dadaistischen Ikonologie(den Maschinenteilen) 1921 wird auch unter dem Stichwort Caminoscopie in De Stijl über den dadaistischen Maschinenaspekt veröffentlicht. Hausmann selber wollte nicht nur als ein Engel gesehen werden sondern als ein Produzent von maschinenmässiger Kunst. Das war seine Idee auf der Rückseite der Briefe von Dix notiert er schon April(?) 1921 Pläne für einen Roman Tatlinstown oder Tatington o.ä. In das Gästebuch der Kate Steinitz trug er sich am 13.Juni mit einer konstruktivistischen Zeichnung ein. Die Abgrenzung von der Dadakunst ist fließend, noch in Raddadistenmaschine wird Dada als Bezeichnung für eine neue, aus dada und merz gemischte Maschinenkunst beibehalten. Avis au lecteur heißt Vorwort und Wenzel Kind war ein Name, in dessen Verwendung Hausmann noch nicht sicher war, den er aber gern als Gruppennamen verwendet hätte. Parallel verwendete er Ing. S.Arndt und Algernoon Syndetikon. Dix bemerkt : "Deiner neuen Gruppe trete ich schon im Voraus bei " in seinem Brief vom Frühjahr 1921.Ein Konglomerat von möglichen Mitgliedskandidaten scheint in seiner Collage P von Ende1921 versammelt. Dokumente von De Stijl, BLEU, Malik-Verlag ,Dada-Paris mit Picabia, Ribemont Dessaignes, Tzara und zentral Anna Blume, dh. der von Schwitters collagierte und an Hausmann adressierte Briefumschlag des Briefes vom 9.Oktober1921 mit von Hausmann darübermontierter runder Anna Blume Marke, die durch den Zeigefinger einer großen Handsilhouette betont wird.


2. In: Hannah Höch.Eine LebenscollageBand 2 Abt. 2 Berlin 1995 S.23
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