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30. Tag Dienstag 20. Juli

von Schroeder um 12 Uhr

dann Führung durchs Hospital

Lietuviete war es sichtlich peinlich, daß sie so schlecht englisch sprach. Sie mache gerade iene homepage für ihr Krankenhaus. Inhaltlich fühlte sie sich bemüßigt zu sagen, daß die zuwenig materielle Ausstattung haben. Auf Kongresse führe sie nicht aus Geldmangel, aber vier Ärzte würden jetzt ins Ausland gehen für eine Zeit, darunter auch Larissa Tomkovica.In Bettchen aufgereihte Babies gibt es in ihrer Klinik scheint's gar nicht. die Mütter gehen offensichtlich mit ihren Neugeborenen gleich nach Hause. Larissa startet ihre Karriere zu einer Zeit, als auf einer Station täglich zwanzig Babies geboren wurden. Sie half der Hebamme und heute ist sie Ärztin. Eine Mutter sah ich mit 6 StundeN altem Baby. Sie saß angezogen und quasi zum Nachhausegehen bereit. Name des Babys: Anastasia. Ein verlassenes Baby und verschieden kranke Babies und preterm babies.

Signe, die mir von Kariks empfohlen worden war als fließend englisch sprechende "Ärztin im Praktikum" war nicht mehr da, aber ich hörte daß sie enttäuscht war, da an diesem Tag gar kein Baby geboren worden war. Der Chef der MedizinalabteIlung der Rigaer Stadtverwaltung kam, und die Ärztinnen rechtfertigeten ihre Stellen makabrer Weise damit, daß die stattfindenden Geburten alle schwere Geburten seien, die viel Arbeit machten.

Ich träumte von Günther mit dem ich Hand in Hand dem Weltuntergang entgegenging. Ohne Angst. Mit vielen anderen Menschen. Der Tod kam durch das Meer. Wir wateten schon immer durch die Fluten. Dann gab es eine Straße. Ich sah darin den kleinen blonden Jakob auf einem unbequemen Platz vor einem alten Mietshaus sitzen. Allein, ich dachte naja seine Eltern sind nun hier Pastoren, da wird er das schon ertragen. Ich ging weiter und es kamen Männer von geschäftlichen Zusammenkünften zurück. Einer war mir bekannt und ich war beruhigt. Ich ging auch noch einmal zurück und ich sah daß auch meine Eltern in der oberen dritten Etage wohnten. Ich ging allein. Alle Fenster waren mit grünen romantischen Fensterläden von außen verschlossen. Meine Mutter öffnete im Nachthemd und fing an, mir etwas zusagen, obwohl sie doch merken mußte, daß ich das auf die Entfernung nicht verstehen konnte. Es ging um die Reise, die sie kommentieren wollte. Da ging ich zum Eingang und sie lag dort etwas hilflos eingequetscht. Ich oder sie fing an. Sie mit Vorwurf. Da haßte ich sie und schrie sie an und schüttelte sie ,und ich hatte das Gefühl, ich quäle sie sehr, und ich sah wie sie aufgequollen war und sich gehen ließ und extra - aus Berechnung - litt, und ich war im Zwiespalt und hatte ein für mich sehr schmerzhalftes Mitleid mit ihr. Ich dachte nur an die verriegelten Fenster, hinter die sie sich zurückgezogen hatte. Dann wachte ich von dem starken Gefühl meiner Ohnmacht auf.Diese wurde ausgelöst durch die drei letzten Begegnungen mit gestörten, psychisch gestörten Deutschen. Zuerst Gudrun aus Franken, auch Mittenwald, der die Tränen kommen in der Erinnerung an die Lärchen, die jetzt auf dem Grund ihres zerstörten Vaterhauses stehen.( sie litt als Kind darunter, daß sie als Flüchtling nicht akzepiert wurde) Dann Rainer, der eine Selbstpräsentation an den Tag legte, die beeindruckend war. Ich bin Selbstversorger. Reis und Nudeln hatte er mitgenommen( - ohne richtig zu überlegen offensichtlich nur aus einem Gefühl heraus - genau wie Erich mir auch prophezeite, ich würde vergewaltigt im Straßengraben liegen---Gaskocher und Zelt. Der unbedingte Wille, autark zu sein. Seine Verlobte erwarte ihn in Tallinn. Sie sei Russin. Fahrt auf der Wolga mit ihr war schön. In Berlin sei er "Handwerker", davor Postbeamter. Nun ist er 58 Jahre alt. Bypaßoperation überstanden und Herzinfarkt mit 40 Jahren. Hat abgespeckt auf dieser Reise. Ich bin herzhaft erfreut am Anfang unserer Begegnung, einen Gesprächspartner gefunden zu haben, und begleite ihn. Ihn irritiert das etwas, er fragt dreimal, ob er mich nicht aufhalte. Dann Arkadija Park, enttäuschend mit älterem Chaoten der Bus vollädt für Kazdanga. Verrottete Zahnstummel .Rainer trinkt zwei Flaschen Bier und bemerkt dezidiert zu mir, daß er das vertragen würde. Er hat lauter Computerausdrucke mit - mit zwanzig verschiedenen Sätzen auf russisch. Den ADFC will er nicht besuchen Ob ich nicht bemerkt hätte daß er seine Sätze nie beendete. Nein, sage ich. Das findet er höflich. Freut sich auf seine Freundin. Seinen Helm nimmt er nicht ab. Er schenkte der Tochter seiner Freundin in Berlin ein Rad unter der Bedingung ,daß sie einen Helm tragen solle. Seine Hände sind verölt. Hatte die Letten beim Häuserbauen beobachtet und bewundert ihre Kunstfertigkeit als Holzkonstrukteure. Das war Montag.

Christian nun gestern - ein Psychopath wie er im Buche steht, entnervend, altväterlicher Ansatz mit (27) Jahren penetrante Offenheit in der Schilderung seiner mißglückenden Liebesbeziehungen. Kennt auch sonst nicht seine Grenzen faßt mich an den Rücken, auch im Kino dicht neben mir. Ich mache eine klare Ansage dazu. Er vollkommen rationalisierend. Dieser Mann wäre in Lettland undenkbar

Dazwischen noch die Zwilling Fisch Familie mit Max. Sehr sympatisch Voller Leben - Unruhig.

31. Tag Mittwoch 21.Juli

Riga

3.Stock Mentzendorffhaus Biedemeiereinrichtung

mit Schreibtisch. Darauf ausgestellt und ungesichert 2 Poesiealben, eines davon entspricht genau unserem: deine Dich wahrhaft liebende Tante Dorothee von Engelhardt Brüggen 24. July 1825 mit Bleistiftzeichnung sehr gut erhalten (Klara Radzina direkt@ rigamuz.lv.Gestern(Mittwoch) fuhr der Zug nach Liepaja nicht Also Christoph (Bremen /Dresden) Andreas (Ketzin/Potsdam Dresden brünett )Rüdiger Sächsischer Typ - alle Verkehrsexperten spezialisiert auf Eisenbahn. Mitte zwanzig . Ich fuhr mit Christoph der an Christoph Schlingensief erinnert ), der mir meine Alpträume, die dieser Christian hervorgerufen hatte wieder in Vergessenheit geraten ließ. Sehr einfühlsam, etwas unsicher vielleicht, guckte dauernd auf seinen Plan. Wirkte leicht schwul. Über Verbindungen von Berlin zur Ostsee wußte er alles. In Dresden hat er sich vor ein paar Jahren, nachdem er den Raum Frankfurt verlassen hatte erstmalig wieder sehr wohl. Seine Eltern sind solche, die in Fahrradgruppe durch Estland und Rußland fahren. Ich habe ihn - wie angenehm von mir - nicht ausgequetscht. Wir waren erst bei dem Museumsdorf gelandet. Das war ihm aber zu weitläufig bei der Hitze. Am See beobachtete wir einen siebenjährigen blonden geschorenen natürlichen Knaben mit seiner Oma beim Baden. Ich hatte mein orange geblümtes Oberteil an, die Zebraleggings und die Sporthose. Ich schwitzte wie verrückt. Dann besuchten wir auf Christophs unausgesprochenen Wunsch ein sowjetstyle Restaurant innerhalb einer Kaufhallenzeile. Beim aufs Klo gehen kam man durch eine Backstube, alles duftete. Ich dachte zu dem Zeitpunkt noch christoph sei ExDDR Bürger und empfand seine Affinität zu untergehenden Sowjetwelt sehr offen gegenüber mir als Westlerin. Daß er aus Bremen sei teilte er erst später mit. Nun denn.. Hier war auch die Endstation der Straßennahnlinie 6, natürlich mit Marktfrauen; die Sonnenschirme aufgespannt hatten. Dieses Land ist zu angenehm ! Dann fuhren wir in die andere Richtung stadtauswärts Nach dem Stadtteil Solitude. Sehr angenehme Plattenbauten Kein Elend. Wiesen drumherum mit alten Bäumen. Einkaufszentrum erreichten wir. Ich filmte die Pampers Abteilung. Wir aßen und tranken Kaffee in der Kaufhalle wie Christoph wiederholt sagte, sehr zu meinem Amusement. Einer wollte Massageroller verkaufen. Ich war so gut gestimmt. Wir ließen uns beiden den Rücken berollern. Um fünf Uhr fing es an zu regnen und zwar starke Gewitter für drei Stunden. Ich spannte meinen Taschenschirm auf. Christoph ohne.. Wir gingen dann zum Bahnhof dort. Ich auf's Stehklo mit Kalk bestreut. Das kannte Christoph von Nida. Heimfahrt fast rechtzeitig in die Bierkneipe, die sich als das Floß auf dem Stadtkanal herausstellte wo ich mit Toms gesessen hatte Sie erzählten von der Warnung der Rezeptionsdamen im Arena Hotel, daß Prostituierte den Männern Schlafmittel ins Bier schütten würden, um sie auszurauben. In Estland seien sie permanent massiv bedrängt worden, zum Beispiel auch beim Schwimmen. In Riga wird man als Mann Abends angeflirtete auf Deubel komm heraus. Am Mittwoch also gestern habe ich noch Touristen angesprochen. Zuerst im Hotel de Rome zwei Schweizer Journalisten, die in Moskau arbeiteten. Sie fanden 2/3 weniger Geburten normal. Das sei in Rußland auch so. Dann im Museumsdorf blonde Frau mit vier kleinen Kindern. Sie lebe seit einem Jahr hier, fand die Erscheinung der schlechten Wirtschaftslage angemessen. Dann US Ami in Cafe mit lettischem Bekannten, wohnt seit drei Jahren hier, fand meine Gedanken zum ideologischen Aspekt auch bedenkenswert (russischer Aspekt). Die drei Dresdner berichteten daß Tallinn fotogener als Riga sei. Viel finnische Amüsiertouristen. Etikett : westlicher als Riga. Gauja nationalpark fanden sie weniger sympatisch weil sie auf geharkte Wanderwege stießen.

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